Kapitel 14 - Das Pech

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Was 2 Wochen zuvor geschah

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Was 2 Wochen zuvor geschah...


England, Westküste
Devonshire, Dartmoor
St. George
22. Oktober 1898, 17:38 Uhr


Beschwingte, leichte Schritte trugen das junge Mädchen über die Allee, vorbei an dem Gut der Taylors. Aus der alten Scheune drangen die Rufe der Kühe. Der schwere Geruch nach Vieh und Stroh wehte mit dem Abendhauch um ihre Nase. Er spielte mit dem langen, offenen Haar, ihren Locken aus wunderschönem Haselnuss, um welches sie so viele der Dorfmädchen beneideten. Das hübsche moosgrüne Kleid schmiegte sich an ihre weiblicher werdende Form und passte perfekt zu ihren grünen Augen. Jene, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte und welche jederzeit den perfekten, unschuldigen Augenaufschlag vor ihrem Vater vollziehen konnten, sollte es notwendig sein.

Heute war sie besonders guter Laune, denn Adam Hughes hatte versucht, unter ihren Rock zu gelangen. Adam war der Dorfgockel von St. George. Und das zu Recht. Denn er war unglaublich gutaussehend, hatte Verwandte in London und war die beste Partie im Dorf. Nach ihr, Marie Mosten natürlich, immerhin war sie die Tochter des Bürgermeisters! Sie hatte ihn ein wenig geködert, ihm ein oder zwei unschuldige Küsse geschenkt wie gezuckerte Beeren und sich dann wieder rar gemacht. Immerhin war sie nicht leicht zu haben, so wie Sandra. Ihre Freundin verfiel jedem mit Haut und Haar, der mit einem kleinen Bündel von Wildblumen um die Ecke kam. Auf ihren Lippen zeigte sich ein feixendes Grinsen. Sie summte leise vor sich her, während sie daran dachte, wie sie Sandra von ihrem kleinen Rendezvous erzählen würde. Sie streckte die Hand aus, sprang sogar ein paar Meter wie eine Schäferin den Pfad entlang und tippte immer wieder spielerisch gegen die Pfähle eines Holzzaunes.

Der alte Zaun, der ihren Weg zurück in die Stadt flankierte wie ein treuer Cavalier, war an vielen Stellen eingebrochen und lückenhaft. Doch den Schafen und Kühen reichte es, damit sie nicht fortliefen. Über die Ebene um das Dorf zog bereits der Nebel über die Torffelder. Im Sommer ließ er sich mehr Zeit, dann stand das Gras oft hoch und wog sich in der sanften Brise.

Zu dieser Zeit wog sich das Korn in seinem goldgelben Schein auf den Feldern der Taylors, und sie machten sich oft den Spaß, zwischen den Ähren zum Zeitvertreib amüsante Spiele zu spielen. Auf dem Land, wie hier, gab es für die Jugend nicht sehr viel zu tun und sie gab sich zu gerne den spitzbübischen Ideen von Anthony und Kian hin. Natürlich ließ sie die Jungs die Hauptarbeit machen. Es war viel zu lustig, zuzusehen, wie sie sich für sie zum Affen machten, um ihr zu imponieren.

Nun im Herbst jedoch wurden die Tage merklich kürzer und die Zeit für Schabernack ebenso. Kein Gold der Ähren reckte sich mehr der Sonne entgegen. Stattdessen kroch der Nebel immer früher aus dem Wald hervor und die Sonne verschwand hinter den spitzen Baumkronen der vielen dunklen Tannen. Es wurde früher dunkel, doch heute konnte auch dies ihr die Laune nicht trüben.

Vorbei an den Apfelbäumen der alten Mrs. Clarke und scharf links an dem kleinen Haus mit den zahlreichen Ranken vorbei, bog sie in die Straße ab, die zum Dorf führte. Der große Apfelbaum der Clarkes reihte sich zwischen ein paar kleineren Abkömmlingen ein. Wie alle anderen Bäume trugen auch jene statt der roten Früchte bereits das kunterbunte Kleid aus gelben und rötlichen Blättern.

Die Akte GrimmWhere stories live. Discover now