Kapitel 3 - Böses Erwachen

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Ich spürte, dass ich auf etwas Hartem lag, aber ich wollte die Augen nicht öffnen um danach zu schauen. Wind rauschte durch die Blätter der Bäume und die Vögel zwitscherten.

Hatte ich das Fenster zu meinem Zimmer aufgelassen?

Und wo war meine Decke?

Es war ganz schön frisch hier. Auf einmal spürte ich einen stechenden Schmerz in meinen Gliedern.

Ich schreckte hoch und bereute es sofort wieder, als es unter meinen Schläfen pochte und traute meinen Augen nicht: ich lag auf einer hölzernen Bank am Waldrand. Als ich mich umschaute, merkte ich, dass ich allein war und ich guckte an mir herab: Ich sah aus wie ein Zombie. Meine Klamotten waren reif für die Mülltonne - der Kleiderspende konnte ich das nicht antun! Überall an mir waren Schürfwunden und mein rechter Fuß war aufgerissen, geschwollen und blau. Ich versuchte mich hinzusetzen und wollte aufstehen, doch mein Fuß tat weh, als ich Druck auf ihn ausübte.

Was war hier eigentlich los?

Die Frage konnte ich mir nicht beantworten. Deshalb kramte ich mein Handy aus meiner Schultasche und erkundigte mich wenigstens nach der Uhrzeit. Es war bereits halb zehn am Vormittag und kurz dachte ich entsetzt, ich hätte die Schule verpasst, bis mir einfiel, dass ich gestern Geburtstag hatte und es nun Samstag sein musste.

Wollten wir nicht gestern meinen Geburtstag feiern?

Warum war ich stattdessen auf einer blöden Bank und wieso fühlte ich mich als hätte ich drei Tage nicht geschlafen?

Auf meinem Handy waren vierzehn verpasste Anrufe. Darunter ein paar wenige Geburtstagsanrufe, der Rest waren Anrufe meiner Mutter. Sie schien sich Sorgen gemacht zu haben. Ich wusste nur noch, dass ich mit Isabella im Kino war und danach von den Typen bis in den Wald verfolgt wurde. Und dann?

Hatten die Jungs sich einen Scherz erlaubt und mich hier auf diese Bank gelegt?

Hatten sie vielleicht noch andere Dinge mit mir angestellt?

Mein Magen verkrampfte sich schlagartig. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich fast am Verhungern war.

Aber wenn ich jetzt nach Hause ginge, was sollte ich meiner Familie erzählen?

Ich wusste ja selbst nicht genau, was passiert war und wenn ich meiner Mutter von der Verfolgung erzählte, würde sie verzweifeln und mein Vater würde mich dazu bringen die beiden anzuzeigen. Aber dafür hatte ich keine Nerven und ich wollte erst selbst mehr über die Sache herausfinden. Ich beschloss meine Eltern anzulügen. Was genau ich sagen würde, wusste ich noch nicht. Erst einmal musste ich mich an ihnen vorbei schleichen, damit sie mich nicht in diesem Aufzug sehen konnten.

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Ich lief nach Hause. Mein Fuß schmerzte schrecklich, doch ich versuchte mir so gut es ging nichts anmerken zu lassen.

Ich ging um das Haus herum und schaute, wo sich meine Eltern gerade befanden. Sie saßen am Frühstückstisch und Rachel schien noch zu schlafen.

Dann suchte ich nach einem offenen Fenster und ich hatte Glück: das Bad wurde gerade gelüftet. Ich stellte erst sicher, dass niemand darin war, schob eine Tonne darunter und kletterte vorsichtig hinauf.

Dabei versuchte ich so wenig wie möglich meinen Fuß zu belasten. Als ich endlich mit beiden Beinen auf den smaragdgrünen Fliesen stand, atmete ich auf. Anschließend schlich ich mich aus der Tür in den Flur und stieg langsam die Treppe zu meinem Zimmer hinauf. Die Holzdielen unter mir knarrten nur leise und schließlich war ich in meinem Zimmer angekommen. Meine gelben Wände strahlten mir freundlich entgegen und ich ließ mich erst einmal auf mein weiches Bett fallen.

Die flüsternden BäumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt