Antworten

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Eine einzelne Träne rann Niennas Wange hinunter. Legolas griff nach ihrer Hand. Er vergrub sein Gesicht in ihrem Haar. "Ein Kind..." murmelte er. Warum war er nicht eher darauf gekommen? Er hatte schlicht und einfach nicht daran gedacht. Eine Schwangerschaft war vollkommen ausgeschlossen gewesen... das Letzte was sie in ihrer Lage brauchen konnten.
Aber andererseits war es wundervoll. Ein Kind von seiner Nienna...
Er küsste die Träne von ihrem Kinn. "Das ist doch wundervoll!"
Nienna schluchzte auf. "Aber... wenn wir tatsächlich Geschwister sind..."
Legolas zog sie fest in seine Arme. "Das tut gar nicht zur Sache. Ein Kind, Nienna! Du bist schwanger! Das ist doch wunderschön!"
Er legte sanft eine Hand auf ihren Bauch. "Freust du dich denn gar nicht?"
Nienna schniefte. "Doch. Ich weiß auch nicht was mit mir los ist... es ist ein Kind von dir. Das muss man einfach lieben!"
Sie legte ihre Lippen auf seine. Er lächelte in den Kuss hinein und löste seine Hand nicht einmal von ihrem Bauch.
"Ich bin so glücklich. Das habe ich mir immer gewünscht; ein Kind von der Frau die ich liebe." sagte er nachdem sich die beiden wieder voneinander gelöst hatten. Nienna schlang die Arme um ihn. "Ich hoffe es sieht so aus wie du."
Legolas lachte. "Mit dir gemischt, natürlich."
Jetzt legte auch Nienna die Hand auf ihren Bauch. "Meinst du, wir schaffen das?" fragte sie auf einmal besorgt. Legolas sah sie aus seinen klaren blauen Augen an. "Was schaffen?"
Nienna schniefte schon wieder. "Alles. Ein Kind großzuziehen. Meine Eltern zu finden. Zurück in den Düsterwald zu gehen."
Legolas drückte sie ganz fest an sich, erinnerte sich dann jedoch an das Leben in ihr und ließ ein bisschen lockerer. "Vielleicht nicht unbedingt in dieser Reihenfolge, aber ja, bestimmt. Wir schaffen das. Wir sind bis hierhin gekommen, wir schaffen es bis ans Ende der Reise auch noch."
Allerdings war er sich selbst nicht mehr so sicher. Das Kind und die Rückkehr in den Düsterwald waren keine Probleme, aber ihre Eltern zu finden, das würde sich schwierig erweisen.
Glaubte er.

In dieser Nacht schliefen die beiden Arm in Arm am Boden. Es war die letzte Nacht, die sie in der Wildnis verbrachten.

Nienna schlug die Augen auf. Sie sah verschwommen vor sich Legolas. Doch er zielte mit einem Bogen auf sie.
Halt, Legolas hatte gar keinen Bogen mehr! Er wurde ihm doch im Orkstollen abgenommen!
Entsetzt richtete Nienna sich auf. Sie blinzelte einmal, und jetzt sah sie, dass keineswegs Legolas vor ihr stand. Es war eine Elbin, die eine unheimliche Ähnlichkeit mit Legolas hatte. Die gleichen langen blonden Haare, und die gleichen hellblauen Augen.
Nienna sprang auf. "Wer seid Ihr?" zischte sie aufgebracht.
Die blonde Elbin riss die Augen auf, rührte sich jedoch ansonsten nicht. "Wer seid Ihr?" fragte sie dann doch, mit einem unglaublichen Entsetzen in der Stimme.
Nienna dachte nicht einmal daran, antzuworte, drehte sich um und entdeckte Legolas, der mit gefesselten Händen an der Felswand lehnte. Er betrachtete seine Doppelgängerin mit einer Mischung aus Verwunderung, Hass und Entsetzen.
"Ich bin Legolas Grünblatt, Thranduilssohn und Prinz des Düsterwaldes. " sagte er.
"Ich bin Nienna." teilte Nienna der blonden Elbin mit. In ihr stieg wieder ihre allmorgentliche schwangerschaftsbedingte Übelkeit hoch.
"Ich bin Maltawen." sagte die blonde Elbin. Sie schien sich noch immer in einer Art Schockstarre zu befinden.
Was sie danach sagte, bekam Nienna nicht mehr mit, denn sie musste sich zur Seite neigen und sich übergeben. Legolas versuchte, ihr die Haare aus dem Gesicht zu halten, doch mit hinter dem Rücken gefesselten Händen war das eher schwierig.
Doch auf einmal war Maltawen da und hielt ihr die Haare aus dem Gesicht. "Was hast du?" fragte sie Nienna sanft, als diese sich wieder beruhigt hatte.
"Ich bin..." begann sie, doch Legolas fiel ihr ins Wort. "Sie hat irgendeine merkwürdige Krankheit." sagte er zu der blonden Elbin.
Maltawen akzeptierte diese Erklärung ohne mit der Wimper zu zucken. Doch sie schien zu merken, dass Legolas log.
"Wollt ihr mit mir kommen?" bot sie den beiden an. Legolas zog die Augenbrauen hoch. "Wieso sollten wir?"
Maltawen seufzte. "Ich glaube, wir müssen reden."

So gingen Legolas und Nienna mit Maltawen. Es war ein recht kurzer Marsch von etwa einer halben Stunde, dann kamen sie zu einem heruntergekommenen kleinen Holzhaus. Maltawen hatte sich die ganze Zeit hinter den beiden gehalten, und Nienna ging voran.
Sie warf der blonden Elbin einen zweifelnden Blick zu, doch diese bedeutete ihr, zu klopfen. Also hob Nienna die Hand und pochte zaghaft mit den Fingerknöcheln gegen die morsche Tür.
Sie wurde sofort aufgerissen. "Maltawen, ich habe schon..."
Ein schwarzhaariger Elb stand in der Tür und sah Nienna vollkommen entsetzt an. Dann flüsterte er: "Nienna! Endlich bist du wieder da..." und zog sie fest an sich.
Nienna bekam in der engen Umarmung kaum Luft. Sie fuchtelte hilflos mit den Armen.
Auf einmal war der Elb weg von ihr. Er taumelte zurück und hielt sich den Kiefer. Legolas neben ihr schüttelte seine Hand. Um seine Handgelenke waren noch immer die Fesseln geschlungen, doch sie waren zerrissen. "Fass sie nicht noch einmal an!" zischte er aufgebracht.
Maltawen nahm Niennas Hand. Nienna wusste nicht wieso, aber sie vertraute dieser Elbin irgendwie. "Nienna, Legolas," begann Maltawen. "Das ist Tathar."

Der Prinz des Düsterwaldes || Legolas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt