Kapitel 1

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Ich sass im Auto neben meiner Mutter, dicke Regentropfen kullerten an der kalten Scheibe herunter. Der Himmel war dunkel grau, es war einer dieser Sommertage an denen man sich wünschte irgendwo weit weg zu sein. Doch ich wollte nur noch nach Hause und genau das war mein Problem. Ich war auf dem Weg in mein neues zu Hause, in einer neuen Stadt mit fremden Leuten. Meine Mutter hielt diesen Umzug für das Beste, nachdem sie ein neues Jobangebot erhalten hatte. Die Tatsache, dass unser neues Haus direkt am Meer liegt und grösser ist als unser altes, machte meine Meinung zu dem Ganzen nicht gerade besser.


Ich schlug meine Augen auf, als unser Auto in einer Einfahrt anhielt. „Haily" sagte meine Mutter „wir sind da". Ich stieg mit einem mulmigen Gefühl im Bauch aus. Gemeinsam begannen wir unsere Kisten in die Garage zu räumen. Nachdem alle gut verstaut waren bekam meine Mutter einen Anruf. Sie sagte mir, dass sie nochmals zurück müsse weil irgendetwas mit unseren Möbeln im alten Haus nicht in Ordnung sei, sie würde Morgen zurück sein. Als sie weg war sah ich mir das Haus etwas genauer an, es war wirklich schön und dennoch fühlte ich mich hier nicht Zuhause. Ich ging auf die Terrasse hinaus, der Wind wehte durch meine langen, welligen Haare. Ich lief weiter in Richtung Ozean und spürte, wie sich meine Füsse in dem warmen Sand vergruben. Man konnte das Rauschen der Wellen hören und das Salz in der Luft riechen. Die Sonne stand hoch oben am Himmel und es waren nur noch vereinzelt Wolken zu sehen. „Hey" sagte eine ruhige Stimme hinter mir, ruckartig drehte ich mich um und sah in seine wunderschönen grünen Augen. „Hey" antwortete ich. „Bist du die neue Nachbarin?" fragte er. „Ja sieht ganz danach aus" sagte ich. „Ich bin übrigens Michael" „Haily" sagte ich freundlich und streckte ihm die Hand entgegen. „Ich habe dich vorhin kurz gesehen und wollte dir nur sagen, dass wenn du Hilfe braucht mit den Kartons oder so, dann kann ich dir gerne helfen". Wow. Ich wusste nicht was ich sagen sollte und starrte ihn vermutlich einige Sekunden zu lange an. „Ist alles in Ordnung?" fragt er mich. „Ehm.. Ja danke, aber wir sind eigentlich schon fertig fürs Erste". „Okay kein Problem, dann geh ich mal wieder zu mir rüber und falls du was brauchst kannst du einfach klingeln". „Okay danke". Er lächelte mich an bevor er sich umdrehte und zu seinem Haus hinüberlief. Ich schaute ihn noch so lange nach, bis er in seinem Haus verschwunden war und die Tür hinter sich zuzog. Kaum zu fassen, ich war gerade mal eine Stunde hier und habe schon jemanden kennengelernt. Ich musste grinsen bei dem Gedanken an seine feuerrot gefärbten Haare und an sein perfektes Lächeln. Unser kurzes Gespräch ging mir immer wieder durch den Kopf und ich beschloss eine Dusche zu nehmen, um ihn erstmal aus meinen Gedanken zu bekommen.


Nachdem ich mir ein frisches Top und eine Jeans angezogen hatte, begann ich erstmal meine Kartons in mein neues Zimmer zu stellen. Es war noch ziemlich leer, erst mein Bett war schon hier. Doch da die anderen Möbel für unser Haus erst Morgen kommen würden, musste ich mich wohl damit zufrieden geben. Ich suchte gerade im Internet nach einem Pizzaservice als es an der Tür klingelte. Ich rannte die Treppe hinunter und öffnete sie. Vor mir stand Michael mit einem verlegenen Lächeln im Gesicht. „Hey" sagte ich zu ihm. „Hey. Hör zu ich habe ein kleines Problem und zwar habe ich mich ausgesperrt und meine Eltern sind erst in ein paar Stunden wieder Zuhause und" „und du wolltest jetzt mich fragen ob du hierbleiben kannst hab ich Recht?" „ja könnte man so sagen". Ich warf ihm einen gespielt ernsten Blick zu, bevor ich von der Türe weg trat und ihn hindurchliess. „ganz schön leer hier" sagte er erstaunt. „Ja die Möbel kommen erst Morgen". In diesem Moment fragte ich mich wieso ich einen Fremden überhaupt in mein Haus liess. Aber auf der anderen Seite hatte er etwas Vertrautes an sich, so als würde ich ihn schon seit einer Ewigkeit kennen. Ausserdem wollte ich unbedingt mehr über ihn erfahren. Okay Haily beruhige dich, sagte ich innerlich zu mir selbst. „Ich wollte mir gerade Pizza bestellen willst du auch eine mitessen?" „Ja ich liebe Pizza". Er folgte mir die Treppe hinauf in mein Zimmer. Ich setzte mich auf mein Bett und deutete ihm, sich neben mich zu setzten. Während wir auf die Pizza warteten redeten wir über die üblichen Dinge, wenn man jemanden frisch kennen lernt. Jedenfalls wusste ich jetzt, dass er unendlich viele Bands toll fand. Unser Gespräch schien gar kein Ende zu haben, bis es plötzlich an der Tür klingelte und wir beide erstmal zu Tode erschraken. Nachdem wir unseren kleinen Lachanfall hinter uns hatten, ging ich nach unten um unsere Pizzas zu holen. Danach setzte ich mich wieder neben Michael und wir beschlossen einen Film zu schauen, also schnappte ich mir meinen Laptop aus einem der vielen Kartons. Wir entschieden uns für irgendeinen Film, von dem ich noch nie etwas gehört hatte, aber Michael hat gesagt er solle gut sein also willigte ich rasch ein. Wir lagen eng nebeneinander, mein Kopf auf seiner Schulter, obwohl mein Bett eigentlich gross genug war und für uns beide genügend Platz hätte. Aber um ehrlich zu sein wollte ich mich keinen Zentimeter weiter von ihm wegbewegen. Gegen Ende des Filmes wurden meine Augenlider schwerer und schwerer und ich wusste, dass ich jeden Moment einschlafen werde. Ich blendete die Stimmen des Filmes komplett aus und konzentrierte mich auf Michaels Herzschlag, der unter mir pochte. Er war ganz ruhig und seine Brust hob meinen Kopf bei jedem Atemzug ein kleines Bisschen an.


Photograph (Michael Clifford)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt