Auf einmal war es ganz still in der Küche der Pritchetts. Nicht einmal die Zeiger der Uhr schienen sich für einen Moment weiterzudrehen. Nichts tackte, nichts raschelte, knisterte oder fiel zu Boden. Es war absolut still in der Küche. So leise war es nicht mehr gewesen, seit Teddy Pritchetts Großmutter, der früher das Haus gehört hatte, erfahren hatte, dass Marylin Monroe gestorben war.
Phoebe fand als Erste die Sprache wieder und fragte, als habe sie ihren Großvater nicht verstanden: ,,Sie wurden ermordet? Eine ganze Familie wurde im Puppenhaus ermordet?"
Ihre Großeltern nickten und Phoebe spürte, wie ihr mulmig zu Mute wurde. Im Puppenhaus waren Menschen ermordet worden? Wie konnten ihre Großeltern überhaupt noch neben diesem Haus wohnen, wenn sie doch wussten, was damals geschehen war?
,,Können Sie uns bitte davon erzählen?", bat Marty, der ganz aufgeregt schien. Wahrscheinlich würde er diese Story bei der nächsten Party brühwarm seinen dämlichen Freunden auftischen.
Teddy überlegte kurz und warf seiner Frau einen nachdenklichen Blick zu, den sie schließlich mit einem Nicken erwiderte. Phoebe, Donna und Marty sahen gespannt dabei zu, wie Teddy einen großen Schluck von seinem Tee trank und einen Keks aß. Dann begann er mit ruhiger Stimme zu erzählen und Phoebe fühlte sich so, als wäre sie wieder die kleine Siebenjährige, die auf dem Knie ihres Opas saß und Märchen erzählt bekam.
Doch nun war sie siebzehn und die Geschichte, die nun folgte, war auf gar keinen Fall ein Märchen.
Sommer 1975
Der Vietnamkrieg war vorbei und verloren. Es war Wehrpflicht und so wurde ich wie viele andere eingezogen. Nach zwei Jahren kehrte ich also in meine Heimatstadt Clearwater Springs zurück. Mein Vater war schon gestorben, als ich zehn war und meine Mutter hatte sich ein Jahr vorher erhängt, weil sie glaubte, dass ich nie wiederkommen würde.
Meine ältere Schwester, Tiffany, hatte, während ich in Vietnam war, geheiratet und war mit ihrem Mann nach Florida gezogen. Unser kleines Haus in der Baker Street hatte sie verkauft, um unsere Schulden zu bezahlen.
Da war ich nun also, ein Zwanzigjähriger mit nichts als einem eher mittelmäßigem Highschoolabschluss und einem Kriegstraumata, welches ich aber damals abtat.
Ich hatte keine Familie, keinen Job und kein Haus. Mein bester Freund, Michael Smith, war in Vietnam gefallen und ich fühlte mich so einsam, als ich wieder durch die Straßen lief, durch die wir drei Jahre zuvor noch zu zweit gelaufen waren. Ich nahm mir ein Zimmer in einem Motel am Stadtrand und suchte nach einem Job.
Mittlerweile hatte ich den Plan auf ein College zu gehen, aber das musste ich ja erst einmal finanzieren können. Ich borgte mir also von einem Motelgast eine Schreibmaschine und tippte einige Zettel, auf denen stand, dass ich Arbeit suchte, ganz egal welche.
Darunter schrieb ich noch meinen Namen und die Telefonnummer des Motels. Dann hängte ich die Zettel überall in der Stadt auf und hoffte auf Erfolg.
Eine Woche später hatte ich die Hoffnung fast aufgegeben. Doch dann klopfte an einem späten Abend im Hochsommer die Motelbesitzerin an meine Tür. Und mit Klopfen meine ich, dass sie mit ihren fetten Fäusten gegen meine Tür hämmerte. Ich lag high auf meinem versifften Bett in dem winzigen Zimmer.
Das Marihuana-Rauchen hatte ich in Vietnam entdeckt. Wir hatten es alle hin und wieder getan, aber ich kam irgendwie nicht mehr davon los. Irgendwann hatte ich dann verstanden, dass sie etwas von mir wollte und habe die Tür geöffnet.
,,Da will dich jemand am Telefon sprechen", grunzte sie. ,,Beeil dich, du Nichtsnutz. Die alte Schachtel hat mir schon die Ohren abgequatscht."
Ich war verwirrt, weil ich nicht wusste, was sie meinte. Aber dann fielen mir meine Flyer wieder ein und ich schleppte mich in die Lobby. Dort griff ich nach dem schmierigen Telefonhörer und meldete mich bekifft und müde mit meinem Namen. ,,Theo ... dore Prit ... chett am App ... arrat."

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Dollhouse| true crime
Short StoryClearwater Springs Eine perfekte amerikanische Kleinstadt in den siebziger Jahren. Die Abernathys Eine perfekte Familie in einem perfekten Haus, dem Puppenhaus, mit einem perfekten Leben, bis sie eines Tages ermordet werden.