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Monika
Nach einer intensiven Nacht kamen wir soeben aus der Dusche, frühstückten und genossen noch ein wenig unsere Zweisamkeit, ehe meine Töchter nachhause kommen würden. „Lass es uns ihnen heute sagen:" Meinte er plötzlich und erlangte somit sofort meine volle Aufmerksamkeit. „Bist du sicher?" Er nickte bestimmt. Aber war ich schon so weit? Ich hatte Angst vor ihren Reaktionen und hoffte inständig, dass sie es verstehen und gut aufnehmen würden. Klaus schien meine Sorgen zu lesen und nahm meine Hand. „Es wird alles gut werden, da bin ich ganz sicher. Und ich will mich nicht mehr mit dir verstecken müssen. Lass uns allen zeigen, dass wir uns lieben." Ich lächelte, mir gefielen seine Worte und natürlich wollte auch ich in die Welt hinausrufen, dass ich diesen Mann liebte, aber meine Zweifel blieben. Dennoch nickte ich langsam und gab damit mein Einverständnis, meinen Mädels heute schon zu erzählen, wer ihr Stiefvater sein würde. Stefanie würde wahrscheinlich am meisten damit zu kämpfen haben. Sie verstand noch nicht, dass Liebe auch mal endlich war und dass man sich trotz der Trauer um einen Partner durchaus auch neu verlieben konnte. Das musste sie noch lernen, aber trotzdem könnte es schwer werden, ihr dies nun zu erklären. Auch Janets Reaktion konnte ich mir nicht vorstellen, ich hoffte das Beste.
Meine Aufregung wuchs immer mehr, je länger wir darauf warteten, dass die Mädchen nachhause kamen. Klaus und ich hatten Kaffee und Tee gekocht und warteten nun am Küchentisch auf die beiden. Ich hörte die Haustür, ehe wenig später meine älteste Tochter Janet den Raum betrat. Ihr Blick glitt zu dem ihr unbekannten Mann, dann zu mir. „Hallo." Unsicherheit schwang in ihrer Stimme mit, in ihren Augen lag Misstrauen. So als ahnte sie bereits, was gleich kommen würde. „Hallo Liebes. Weißt du, wo deine Schwester ist?" Janet schüttelte den Kopf. Sie kam wohl gerade von ihrem Freund und hatte von Stefanie vermutlich seit gestern nichts mehr gehört. „Setz dich doch, es gibt Tee oder Kaffee wenn du möchtest." Sie nickte und setzte sich hin, direkt gegenüber von mir. So warteten wir nun zu dritt hier, bis die Haustür ein weiteres Mal zu hören war und meine Jüngste ebenfalls zu uns stieß. „Hallo, habt ihr auf mich gewartet? Tut mir leid, ich war noch kurz bei den Jungs." Mit ‚den Jungs' meinte sie ihre Bandkollegen. Drei nette junge Herren, die zwar allesamt älter als sie waren, aber somit auch gut auf sie achtgeben konnten, wenn die vier wieder durch die Häuser zogen oder tatsächlich den ein oder anderen Auftritt in einer Kneipe verfolgten. „Schon gut, setz dich zu uns." Meinte ich und versuchte sie anzulächeln, doch es klappte nicht. Zu aufgeregt war ich in diesem Moment, denn gleich würde der entscheidende Satz fallen. „Hallo ihr zwei, ich bin Klaus." Ergriff er nun das Wort, ehe ich überhaupt zum Sprechen ansetzen konnte. Die beiden stellten sich artig vor und gaben ihm nacheinander die Hand. „Wir kennen uns schon etwas länger." Setzte ich nun an, wurde jedoch erneut unterbrochen. „Ich würde vorher gerne auch noch was sagen." Alle Blicke lagen nun auf Janet. „Nunja ich werde bald 19, habe eine Ausbildung, verdiene mein Geld und bin in einer Beziehung. Ich hab eine Wohnung in Dresden gefunden und möchte noch dieses Wochenende ausziehen."
„Ja, das verstehe ich vollkommen." Pflichtete ich ihr bei, nachdem ich den ersten Schock über diese Aussage überwunden hatte. Natürlich hatte sie Recht, langsam kam der Zeitpunkt, an dem sie ihr eigenes Leben selbstständig führen wollte und musste. Es fiel mir schwer, doch ich würde sie gehenlassen und alles dafür tun, dass sie es immer gut haben würde. Stefanie nahm das jedoch nicht gut auf. Sie hasste Veränderungen und ich wusste, wie unzertrennlich die beiden waren, trotz des Altersunterschiedes und der unzählbaren Streitigkeiten, die die beiden ständig hatten. Langsam traten der Jüngsten in dieser Runde die Tränen in die Augen, mitleidig sah ich zu ihr herüber. Sie unterdrückte das Weinen, doch wenige Tränen schafften es dennoch, ihre Wangen zu benetzen. „Es muss sein." Flüsterte Janet ihr zu und legte ihren Arm um sie. Neben mir räusperte sich Klaus. „Das tut mir sehr leid für euch Mädels, dass ihr euch nun trennen müsst. Trotzdem wollten wir euch die freudige Mitteilung machen, dass eure Mutter und ich uns lieben. Wir sind seit einer Weile zusammen und haben uns entschlossen, dass ich bald hier einziehen werde." Nicht nur meine beiden Mädchen waren nun geschockt über diese Aussage, auch ich hatte nicht damit gerechnet, dass es wie aus der Pistole geschossen nun gesagt wurde. Zum Anderen hätte ich es vermutlich schonender ausgedrückt, aber das verzieh ich ihm. Er hatte keine Erfahrung mit Kindern, aber ich war zuversichtlich, dass Stefanie und er sich gut verstehen lernen könnten und sich gegenseitig guttun würden. Ich wollte mit Klaus niemanden ersetzen, aber jedes Kind brauchte nunmal einen Vater. Und wenn Klaus bald vielleicht im Entferntesten diese Rolle für sie einnehmen könnte, glaube ich, wäre das für alle Beteiligten am schönsten. Ich hoffte es zumindest inständig, aber beeinflussen konnte man es ohnehin nicht, also ließ ich es auf mich zukommen. In der Zwischenzeit hatten Janets Augen einen verärgerten Glanz angenommen, während sich ihre jüngere Schwester endgültig nicht mehr beherrschen konnte und zu weinen begann. „Du ersetzt Papa einfach." Schluchzte sie leise und versuchte vergeblich, sich die Wangen zu trocknen. „Nein mein Schatz, das tue ich nicht. Niemand kann Papa ersetzen, aber er ist tot und das Leben geht weiter. Wir müssen glücklich werden, auch ohne ihn. Und ich bin glücklich mit Klaus an meiner Seite. Ich bitte euch, das zu verstehen und zu akzeptieren. Ihr müsst davon noch nicht sofort begeistert sein, aber lernt ihn erstmal kennen und macht euch dann ein Urteil, okay?" Ich hatte geahnt, dass dieses Gespräch auf meinen verstorbenen Mann hinauslaufen würde, deshalb hatte ich Klaus im Vorhinein schon darauf eingestellt. Ich wollte vermeiden, dass er am Ende vielleicht noch selbst daran glaubte, dass er nur die zweite Wahl und ein Ersatz sei. Dass Stefanie für dieses Thema noch zu jung, oder einfach zu unreif war, hatte ich mir ebenfalls schon gedacht und es tat mir im Herzen weh, sie so zu sehen. Aber sie musste es lernen, deshalb führte nun kein Weg hieran vorbei. „Dann will ich mit Janet ausziehen." Warf sie nun in den Raum, ohne auf meine Erklärung einzugehen. „Das geht nicht und das weißt du ganz genau. Ich weiß, das gerade ist nicht leicht für dich, aber ich verspreche, es wird leichter mit der Zeit. Bitte vertrau mir." Ungläubig schüttelte sie den Kopf, wisperte etwas vor sich hin und verschwand dann mit zügigen, fast schon panischen Schritten, in ihrem Zimmer. Janet warf mir noch einen kurzen Blick zu, ehe sie ihr nacheilte. Als große Schwester hatte sie deutlich mehr Einfluss in solchen Situationen, als ich. Deshalb hielt ich es für sinnvoll, die beiden den Rest des Abends alleine zu lassen, damit sie in Ruhe ihre Gedanken und Gefühle ordnen konnten. Vielleicht würde morgen schon alles wieder gut sein..

Irgendwas bleibt Where stories live. Discover now