Kapitel 1

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Es war endlich wieder ein sonniger Tag. Wir hatten gerade eine Fünf Minuten Pause und ich saß auf meiner Lieblingsmauer und genoss einfach die Sonne, während ich schon mal die Mathe Hausaufgaben machte.

Freitags war meistens auf dem Schulhof eine ruhige Stimmung, da die meisten in Wochenendstimmung wa-ren, daher war freitags auch mein Lieblingstag. Kein Lärm, den ich nicht ausstehen konnte, keine kleinen Kinder, die schreiend über den Schulhof rannten, und keine meiner Klassenkameraden, die mit mir ein Wort wechsel-ten. Doch so, wie das Schicksal entschied, änderte sich dies schnell. Ich sah aus den Augenwinkeln, wie Lina auf mich zukam und sich neben mich setzte.

»Na, Streberin.« Sie lächelt mich an. »Hast du Lust auf Geschichte?«

Ich löste meinen Blick von meinem Collegeblock.

»Nicht so richtig, ich mag Mrs. Marianne nicht so. Nur mal so als Frage: Hast du deinen Aufsatz eigentlich mitgenommen?«

»Ups, liegt noch auf deinem Bett.«

Der Baum hinter uns warf Schatten auf die Mauer, auf der wir saßen. Ich sah mich um und bemerkte dann den Rest unserer Klasse, die entweder in Gruppen auf dem Schulhof standen oder mit anderen Klassen Fußball spielten. Nach einer Weile bemerkte ich Linas Blick und sie stupste mich an.

»Ist noch jemand da?«

»'schuldige, hab gerade einfach nur nachgedacht.«

»Worüber denn?«

»Weißt du, im Leben muss man über gewisse Dinge nachdenken.«

»Wenn du jetzt meinst, dass du ausziehen willst, dann sag ich dir, dass das eine bescheuerte Idee ist.« Sie nahm mich in den Arm. »Du bist meine beste Freundin und das wird auch immer so bleiben, verstanden?«

»Danke, Lin.«

Es läutete und ich sah, wie unsere Klasse wieder ins Gebäude ging. Wir zwei lösten uns voneinander und Lin lächelte mich an.

»Komm, Fi, wir müssen rein.«

Ich stieg von der Mauer und nahm meine Sachen in die Hand. Fünf Minuten später saß auch schon die ganze Klasse an ihren Tischen und wartete auf Mrs. Marianne. Es war erstaunlich leise und keiner sagte auch nur ein Wort, was für unsere Klasse sehr seltsam war.

Als Mrs. Marianne dann hereinkam, war immer noch alles ruhig. Sie war genauso verwirrt wie Lin und ich.

»Ist irgendwas passiert?«, fragte sie, als sie sich an den Lehrertisch gesetzt hatte.

Es blieb ruhig.

»Okay. Dann wollen wir mal anfangen. Till, kannst du bitte nach vorne kommen und dein Referat halten?«

Till, ein blonder Junge mit grünen Augen, der neben mir saß, nickte nur kurz als Antwort und ging dann nach vorne.

»Mein Thema war der Zweite Weltkrieg ...«

Während Till sein Referat hielt, machte sich Mrs. Marianne die ganze Zeit über Notizen.

Als Till dann fertig war, applaudierte die Klasse, blieb danach aber wieder still. Er ging jetzt wieder zu unserem Tisch und setzte sich neben mich.

»Das war voll spannend, Till«, flüsterte ich und als Antwort nickte er nur und lächelte mich an.

Nach einer gefühlten Ewigkeit war der Unterricht dann auch vorbei und die Klasse packte ihre Bücher ein, während Mrs. Marianne noch einen Berg an Hausaufgaben verteilte.

Als wir wieder im Freien waren und ich wieder auf meiner Mauer saß, kamen Till, Alex und Silas zu mir herüber. Als die drei sich zu mir setzten, merkte ich sofort, dass ihnen was auf dem Herzen lag.

Die anonymen blauen BriefeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt