[Leere Augen]
~Einen Menschen kann man nicht zerstören. Aber man kann ihn zerbrechen. Denn Seelen bestehen aus Glas und die Wahrheit ist der Asphalt~
Theseus war sprachlos.
Casmiel hatte sich wohl noch nie jemandem so anvertraut wie Theseus jetzt gerade und er wusste ehrlich gesagt nicht was er nun tun sollte. All die Ereignisse in letzter Zeit waren verwirrend und im Mittelpunkt stand immer er. Casmiel fucking Tripe.
Er war der Mittelpunkt eines gesamten Universums. Er. Immer wenn Theseus irgendetwas von anderen hörte, war er ein Teil davon. Casmiel. Aradeon. Tripe. Die Legende.
Das schlimmste daran war, dass Theseus für ihn ein offenes Buch war. Er konnte seine Gefühle nicht nur lesen, sondern auch problemlos manipulieren und seinen Erfahrungen nach, bemerkte man es erst, wenn die Wirkung nachließ.
Durch diese Geschichte hatte er nun auch erfahren, das Casmiel sie länger und in seiner Abwesenheit manipulieren konnte. Also würde Theseus es vielleicht erst merken, das Casmiel die ganze Zeit nur gespielt hatte, wenn er sterben würde und wenn er ihn jetzt so sah, war der Tod ihm näher als das Leben.
Als Casmiel die Erinnerung abgebrochen hatte, hatte Theseus bemerkt, wie wenig er tatsächlich fühlte. Oder besser gesagt, wie viel Casmiel konstant fühlte. Es war, als wäre Theseus kurz an die Oberfläche gekommen, bevor sein Kopf wieder unter Wasser gedrückt worden war.
Aber er konzentrierte sich jetzt nicht auf die Erfahrung der geteilten Erinnerung, sondern auf Casmiel, der vor ihm saß und schwer atmete.
Blasse Haut, die sogar ein gebürtiger Engländer als fahl bezeichnet hätte. Dunkle Augenringe, die nicht nur seine Müdigkeit wegen seines Schlafmangels zeigten, sondern auch wie erschöpft er vom Leben war und seine matten, dunkelblauen Augen eingefallen wirken ließen.
Er sah so müde aus, schwach. So dünn, als könnte jeder zarte Windhauch sein Ende sein und ihn wie einen Ast brechen. So lag er da, an Theseus Schulter gelehnt, um seine Körperwärme aufnehmen zu können, da sein eigener Körper keine Wärme mehr produzieren konnte und ihn erfrieren ließ, die filigranen Finger mit den seinen verschlungen, als müsste er sich an ihm festhalten, damit er die Realität nicht losließ und in den Schlaf abdriftete.
Es war eine platonische Geste. Casmiel könnte Theseus niemals lieben. Nicht, weil Theseus ein Mann war, sondern weil Casmiel noch immer Eirene liebte und das aus ganzem Herzen.
Selbst wenn Theseus es wöllte, könnte er die tote Frau dafür nicht hassen. Liebe war ein kompliziertes Konstrukt, das er niemals verstehen würde und auch wenn Eirene zwischen ihm und Casmiel stand, war das in Ordnung.
Das Schicksal wollte es eben so.
Ja. Er hatte Dolores geliebt, dann war sie gestorben.
Er hatte Eirene geliebt. Dann war sie gestorben.
Und jetzt würde er zu ihnen gehen, selbst einer grausamen Krankheit erliegen und sich endlich wieder in den Armen jener finden, die ihn genauso liebten, wie Theseus es tat. Das Schicksal schien alles zu tun, nur damit Casmiel niemals Liebe erfahren würde.
Unsterblich? Nein. Theseus war nicht mehr unsterblich. Das...wie hatten sie es genannt? Perlenwasser? Es hatte ihn beinahe umgebracht, hätte er die Kugel nicht rechtzeitig herausgezogen und scheinbar waren sie noch nicht fertig mit der Entwicklung dieser Waffe. Sie konnten ihn umbringen, indem sie alles auflösten. Vollkommen. Würde...würde er also auch sterben, nur weil er Casmiel liebte?
Nein. Das war kein Fluch. Es war...Krieg. Man verlor eben geliebte Menschen, wenn man in einem Krieg kämpfte und Casmiel tat das schon sein ganzes Leben lang.
Das leichte, leise Lachen von Casmiel riss Theseus aus seinen verwirrenden Gedanken und er sah auf ihn herab. Seine Haare waren weiß geworden, aber nicht nur das. Auch seine perfekt gezupften Augenbrauen und langen, dünnen Wimpern trugen die kalte Farbe des Schnees.
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|•Fallen Angel•|
Fantasy|•Phoenix Arise•| •Fallen Angel• -·Part 2·- Verloren. Der Widerstand konnte sich nicht gegen die Arena behaupten, sie haben die Schlacht verloren und sind nun wieder dort, wo alles angefangen hat. Die Scena. Der Anfang, aber dieses Mal ist etwas an...
