Tag 1

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Müde kuschelte ich mich in meine weiche Decke, nur um zwei Sekunden später festzustellen, dass ich mal wieder verschlafen hatte. Auf meiner Uhr ist der Minutenzeiger schon auf fünf nach sieben gewandert. Hektisch flitzte ich aus meinem Bett, um mich anzuziehen. Es ist ja nicht so, dass mir das so gut wie jeden Tag passiert. So schnell ich konnte stopfte ich einen Müsliriegel in mich rein, schnappte meine Tasche und rannte mit noch zerzausten Haaren aus der Haustür. Ich hatte meinen Schlüssel vergessen, aber es war keine Zeit mehr. Mina wartete schon an der Straße auf mich. "Morgen," keuchte ich atemlos. Wütend sah sie auf die Uhr. "In sieben Minuten fängt der Unterricht an. Es ist immer dasselbe mit dir!" Ich murmelte eine Entschuldigung. Mina war meine beste Freundin und wir gingen jeden Tag zusammen zur Schule. Wir wohnten nicht weit entfernt, wir brauchten nur zehn Minuten zu Fuß bis zur Schule. Gerade rechtzeitig rannten wir ins Klassenzimmer, direkt während dem Gong. Unser Klassenlehrer, Mr. Cole, war noch nicht da, was sehr ungewöhnlich war. Doch wenig später betrat er den Raum, woraufhin alle leise wurden. Denn hinter Mr. Cole tauchte ein Junge auf, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Er hatte blonde Haare, die ihm seitlich etwas abstanden und ihm in die Augen fielen. Seine Augen. Sie waren grün, beinahe schon neongrün, mit einer schwachen Spur von gold. Er sah uns an, bis sein Blick an mir hängenblieb. Er lächelte. "Guten morgen. Wie ihr seht, haben wir einen neuen Schüler hier, der ab heute in eure Klasse geht." Sagte Mr. Cole. Der Neue hob die Hand zum Gruß. "Hi, ich bin Ronald. Nennt mich einfach Ronny." "Ich hoffe, ihr helft ihm, sich hier zurechtzufinden und dass er sich gut in die Klasse integrieren kann." Mr. Cole wies ihm einen Platz neben dem Fenster zu. Der Platz, genau HINTER MIR. Ein schwaches Kribbeln durchfuhr mich, als er an mir vorbeikam. Er grinste mich an. Beinahe so, als hätte er es gespürt. Damit war der Tag dann wohl gelaufen. Ich  fühlte mich irgendwie beobachtet und konnte mich nicht konzentrieren, obwohl es dafür keinen Grund gab. Wir kannten uns doch gar nicht, was ist also bitteschön los mit mir?!

Andere würden jetzt sagen, ich wäre verliebt. Aber das ist es nicht, nicht dass ihr das glaubt!! Im Gegenteil. Dieses Kribbeln... ich fühlte mich bedroht. Ich wollte einfach nur Abstand zu ihm, gleichzeitig aber wollte ich herausfinden, was mit ihm nicht stimmte. Er war anders als die Anderen, oder bildete ich mir das nur ein? "Lisa? Alles okay? " fragte Mina hinter mir. Die Schule ist aus. "Du warst heute so abwesend." Ich drehte mich um. Sie sah mich besorgt an. Ich lächelte gespielt. "Alles in Ordnung, was soll denn sein?" Ich sollte aufhören, darüber nachzudenken. Ich sollte ihn ignorieren, ihn wie jeden anderen behandeln. Skeptisch sah Mina mich an. Sie kannte mich zu gut, sagte aber nichts.

Zuhause stand ich vor der Haustür und kramte in meiner Tasche. Ach ja, ich habe den Schlüssel vergessen. Meine Eltern waren noch nicht da, also, was jetzt? Ich beschloss, ein wenig im Stadtpark herumzulaufen. Vielleicht hatte ich Glück und mein Lieblingsplatz war noch frei, dort könnte ich Hausaufgaben machen. Wer weiß, wann meine Eltern wiederkommen. Ich sah durch das verschlossene Fenster in die Küche. Ich hatte Hunger, aber was solls. Mürrisch drehte ich mich um und wäre fast in jemanden reingerannt. "Hey, alles klar?" Ich starrte ihn entsetzt an. Was will der denn hier? Da stand Ronald und winkte vor meinem Gesicht herum. "Huhu?" Ich wandte den Blick ab. "Hallo. Was willst du hier?" Er lachte beleidigt. "Dich besuchen, was denn sonst? Du bist Lisa, stimmts?  Ist es etwa verboten, seine Mitschüler kennenlernen zu wollen?" Achja? Ich versuchte, freundlich zu bleiben. "Na das ist ja nett. Gibt es etwas, das du mir sagen  willst? "  Bin ich bekloppt?! Was sagte ich denn da? Wollte ich nicht normal bleiben? "Äh, komm doch rein." Lud ich ihn peinlich berührt ein. "Du hast keinen Schlüssel. " erinnerte er mich. Woher wusste er..?? Er ging an mir vorbei und hielt mir die Tür auf. "Bitte sehr," lächelte er. Ich trat ein. "Wie hast du das gemacht? " Wollte ich wissen. "Oh, das gehört zu meinem Beruf." Er sah sich um. "Schick. " meinte er. Dieser Typ geht mir auf den Keks.

Ich lief in die Küche und holte mir einen Apfel. "Willst du was essen?" Fragte ich höflich. Schließlich ist er ein Gast. "Nein, danke..." hörte ich seine Stimme aus dem Wohnzimmer. Ich ging zu ihm und sah, dass er einen meiner Mangas in der Hand hielt, den ich dort liegengelassen hatte. Black Butler teil 12. Er kicherte leise, während er ihn durchblätterte. Ich nahm ihm schnell das Buch aus der Hand. Als er mich fragend ansah, sagte ich: "Tut mir leid, aber ich hänge sehr an diesem Buch..." er nickte. "Natürlich. Etwas Anderes hatte ich nicht erwartet." Murmelte er.  Mann, der Typ nervt! "Schau nicht so genervt. Ich glaube du weißt, wer ich bin, " kicherte er. Ich schüttelte den Kopf. "Ich will es nicht wissen." Mir war es jetzt egal, was ich zu ihm sagte. Er war seltsam, das wusste ich. Und ich sollte Abstand halten. ...

"Richtig. " flüsterte er.  "Ich verrate dir etwas. Oh, aber es ist ein Geheimnis, also... hör bitte nicht hin und vergesse es schnell wieder, ja?" Jetzt sagte er mir sicher, wer er wirklich ist. Toll. Er sah mich ernst an. "Du hast noch sieben Tage bis zum Tod." Ich verschluckte mich fast am Apfel, doch sein Blick verriet, dass er es ernst meinte. Das ist nicht möglich! So etwas...  das geht doch gar nicht! "So wie du aussiehst, bist du geschockt, stimmts? Es gibt sicher vieles, was du noch alles vorhattest. Bitte nutze deine limitierte Zeit gut." Ich konnte nur dastehen und ihn anglotzen. "Du lügst," flüsterte ich. Er schüttelte den Kopf. "Es tut mir leid, ich hätte es dir nicht sagen dürfen. Aber... naja, halb so schlimm! Siehe es doch als eine Art Geschenk an. Jetzt weißt du es, das ist doch toll, oder?" Er lachte. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. "Du.. du bist verrückt! Wie kannst du nur! Das ist grausam!" Schrie ich ihn an. Beschwichtigend hob er die Hände. "Nana, sei doch nicht so. Ich weiß genau, dass du neulich Geburtstag hattest. Alles Gute. "  Ich war dabei, in Tränen auszubrechen. Dieser verdammte Mistkerl! "Raus hier!" Zischte ich. Er zuckte mit den Schultern. "Wie du willst."

Nachdem er gegangen ist, ließ ich mich verzweifelt auf den Boden sinken. Sieben Tage,  ist das sein ernst? Oder  ist das alles nur ein Scherz? Alles, was ich über die Shinigamis wusste, stimmte genau mit ihm überein. Er kannte mich in- und auswendig. Das gehört zum Job. Das ist Ronald Knox. Und er will meine Seele einsammeln. Den Rest des Tages verbrachte ich mit nachdenken. Während den Hausaufgaben rechechierte ich im Internet  nach Shinigami, speziell: Ronald Knox.  Er ist der jüngste seiner Kollegen. Sein Chef: Abteilungsleiter William T. Spears...   er sammelt Seelen, indem er die Sterbenden mit seiner Rasenmäher- Death Scythe umfährt...ich spürte die Angst in mir. Ich hatte noch die darüber nachgedacht wie ich sterben würde, dieses Thema war bis jetzt immer etwas für alte Leute. Doch jetzt betrifft es mich. Obwohl ich das alles schon  vorher über Ronald gewusst hatte, war es genug. Ich schaltete den PC aus und verkroch mich in meinem Bett. Noch immer fühlte ich mich beobachtet. Gibt es eine Möglichkeit, dem Tod zu entkommen? Es ist das Schicksal aller Menschen, irgendwann zu sterben. Aber warum sollte ich jetzt schon so früh gehen müssen? Mit diesen Gedanken fiel ich schließlich in einen unruhigen Schlaf.

7 days aliveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt