die Welt der kinder

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Die Welt der Kinder


Niemand weiß genau wie wir entstehen oder woher wir kommen. Doch genauso wie unsere Schützlinge wachsen und gedeihen wir mit ihnen. Wir gewinnen an Erfahrungen und Wissen und müssen irgendwann los lassen können.


Mein Schützling ist die mittlerweile nicht mehr so kleine Maisy. Gefunden habe ich sie, als sie sich weinend unter ihrer Bettdecke versteckt hat. Sie durfte nicht mehr bei ihren Eltern nachts schlafen. Nun lag sie ganz allein in ihrem kleinen kalten Bett und fürchtete sich vor der Dunkelheit. Ihr leises Wimmern brach mir fast das Herz, mir kamen Tränen und kurz darauf musste ich auch weinen. Dicke runde Tränen kullerten meine Wangen runter. Man hörte ein leises Rascheln, dann das Tapsen von kleinen Füßen und schließlich spürte ich kleine Kinderhände. „Nicht weinen, warum bist du denn so traurig?" Ich schniefte und zog meine Nase hoch. „Ich habe dich weinen gehört und da musste ich auch weinen."

Von da an wurden wir beste Freunde, wir schliefen zusammen, spielten zusammen, malten zusammen. Wann immer sie mich brauchte war ich da. Fiel sie hin, tröstete ich sie. Schimpfte ihre Mutter über den Blödsinn den wir gemacht hatten, schmollten wir beide und lachten hinterher. Wir durchstreiften den Garten und erlebten Abenteuer als Indianer, Piraten, mutige Prinzessinnen. Manchmal saßen wir im Schatten eines Baumes und ich erzählte ihr Geschichten oder wir spielten Wolken raten. Wenn es regnete hüpften wir zusammen durch die Pfützen und stampften durch den Matsch. Es war eine schöne Zeit.

Doch als sie in den Kindergarten kam änderten sich einige Dinge.

An ihrem ersten Tag klammerte sie sich an mir fest und wir flüsterten nur vorsichtig. Als ich ihr dann aber sagte, dass die anderen Kinder gar nicht so fürchterlich aussehen sollten wir mal versuchen mitzuspielen. Langsam schlichen wir uns an und fragten dann ein Mädchen was sie denn da baut? „Na einen Zoo, willst du mitbauen?" So lernten wir Clara kennen. Doch sobald Maisy mit Clara spielte schien sie mich zu vergessen. So saß ich still und stumm an ihrer Seite und schaute zu wie der Zoo immer größer wurde. Bald gesellten sich andere Mädchen und Jungs dazu. Die kleine mit den schwarzen Locken hieß Mary, der blonde Zottelkopf Phillip, und das freche rothaarige Mädchen Jennifer. Der Zoo wurde immer größer, bald kamen die Dinosaurier von Phillip hinzu, dann die Giraffen von Mary. Als es dann Mittag gab und die Kinder alle aufsprangen, vergaß mich Maisy das erste mal richtig. Sie schleppte mich nicht hinter sich her. Traurig blieb ich am Rande des Zoos sitzen. Stellte dann aber fest, dass es nicht nur mir so ging. Auch die anderen Drei Kinder hatten ihre Freunde zurück gelassen. So schaute ich zu ihnen hinüber und wartete. Irgendwann hörte man ein brummeln. Es kam von dem Bären, er lag mit dem Kopf auf dem Boden. „Immer wenn er mich liegen lässt, dann so, nicht mal richtig reden kann ich da." „Immerhin musst du dir nicht ständig deine Füße anschauen, weil dein Kopf runter hängt, nörgelte die Giraffe. Ich kicherte leise. Also erging es nicht nur mir so. Am Abend erzählte mir Maisy was sie so alles gemacht hatte. An den nächsten Tagen fanden wir uns immer in ähnlichen Situationen wieder. Leider mussten wir feststellen, das Bär und Giraffe recht hatten. Sie wurden immer in der selben Art und weise liegen bzw. fallen gelassen. Nachdem wir uns das einige Tage gefallen hatten lassen, machte ich vorsichtig den Vorschlag ob wir unsere Schützlinge vielleicht eine Teeparty vorschlagen sollten. Die anderen schauten mich an und nach einigem Überlegen stimmten sie zu.

Abends erzählte ich Maisy das ich gerne mal eine Teeparty machen würde und sie war sichtlich begeistert davon. Sie konnte fast die Nacht nicht schlafen. Die Teeparty wäre sicherlich lustiger geworden, hätte Giraffe nicht die ganze Zeit genörgelt. Aber wenn man natürlich die ganze zeit mit der Nase in der Teetasse hing, konnte man das nachvollziehen. Mit der Zeit verbrachte ich mehr Zeit mit Bär, Giraffe und Bruno. Warum ein Dino Bruno hieß wussten wir nicht. Es war einfach so. Sicherlich war es interessant zu hören wie die anderen Kinder waren und was sie für Abenteuer erlebt hatten. Doch stellten wir alle fest, dass je älter und größer die Kinder wurden, sie uns weniger brauchten. Wir waren Weggefährten, doch irgendwann wurden es unseren Schützlingen zu peinlich uns mitzunehmen. So verbrachten wir viel Zeit in den Kinderzimmern. Nach einigen Jahren fand mich Maisy wieder und setzte mich auf ihren Schreibtisch. Sie lächelte oft wenn sie mich sah aber das war auch alles. Sie sah wie sie neue Freunde mitbrachte, ihren ersten Freund, ihren ersten Liebeskummer. Doch als sie dann aufs College gehen sollte, bekam ich Angst sie würde mich endgültig vergessen. Doch ich hatte Glück, sie nahm mich mit. Auch wenn ich keine aktive Rolle mehr in ihren leben spielte und ich nur noch ein stummer Begleiter war, war ich froh.

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